26. SONNTAG im Jahreskreis

 

Und wieder geht es in den heutigen biblischen Lesungen um das uralte Thema von Besitz, Reichtum auf der einen und um Armut auf der anderen Seite. Dabei ist aber das Problem nie, dass bestimmte Menschen mehr besitzen als andere, sondern dass sie nicht bereit sind, miteinander zu teilen.

 

Der Prophet Amos aus dem 8. Jh. v. Chr. übt auf schärfste Weise Kritik an den sozialen Missständen seiner Zeit und seiner Gesellschaft: „Weh den Sorglosen und Selbstsicheren, die in ihrem Reichtum im Überfluss schwelgen! Ihr lebt im Luxus,... habt eure Partys mit Ess- und Saufgelagen, grölt dabei eure Lieder, ihr benützt die feinsten und teuersten Kosmetikmittel... ohne euch um andere zu kümmern!“ Der Prophet sieht hinter dem äußeren Glanz einen inneren Verfall und bekämpft in scharfen Worten den Luxus, vor allem aber jede Form der Ausbeutung und des Unrechts zum Schaden der Armen und sozial Schwachen. All diese mehr als 700 Jahre vor Christus!

Zur Zeit Jesu war es nicht anders. Besonders das Evangelium von Lukas übt immer wieder Kritik an der Lebensweise von Menschen, die im Überfluss leben. Im „Magnifikat“, diesem bekannten Lobgesang von Maria, heißt es: „Jetzt hebt er (Gott) seinen gewaltigen Arm und fegt die Stolzen weg samt ihren Plänen. Jetzt stürzt er die Mächtigen vom Thron und richtet die Unterdrückten auf. Den Hungernden gibt er reichlich zu essen und schickt die Reichen mit leeren Händen fort.“

In seiner Feldrede sagt Jesus: „Freut euch, ihr Armen! Ihr werdet mit Gott leben in seiner neuen Welt... Aber weh euch, ihr Reichen! Ihr habt euren Anteil schon erhalten. Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Ihr werdet hungern.“

Die Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus betont das Ganze noch einmal. Sie ist von beklemmender Aktualität, da sich die Kluft zwischen Arm und Reich - hier bei uns und in der ganzen Welt - immer mehr vergrößert.

Interessant ist, dass in dieser Erzählung der Reiche keinen Namen hat. Es kann jeder sein und jede Art von Reichtum. Das Problem des Reichen ist nicht, dass er reich ist oder ein gewissenloser Ausbeuter sei. Wissentlich tut er niemandem weh. Er genießt einfach seinen Reichtum. Aber er sieht nicht einmal den Armen, der vor seiner Tür liegt und unterlässt dadurch jede Hilfe. Jesus prangert nicht den Besitz an, sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Der Arme aber heißt Lazarus, was auf Deutsch heißt „Gott hilft“: Gott hat eine besondere Vorliebe für solche armen Menschen.

Jesus will uns mit dieser Erzählung klar machen, dass unsere Hilfsbereitschaft gegenüber notleidenden Menschen auch darüber entscheidet, ob wir Gott nahe oder fern stehen. Das macht er mit dieser apokalyptischen Szene: Beide, der Reiche und der Arme, müssen sterben und vor Gott erscheinen. Der Reiche hat sein Leben verwirkt, hat sein Lebensziel verpasst. Irgendwann ist es zu spät, hat man seine Chance vertan.

Es geht also darum, jetzt und hier verantwortlich zu leben. Die Pointe dieser Erzählung Jesu liegt darin, dass wir (und im Weltmaßstab zählen auch wir zu den Reichen!) aufgerufen werden, nicht vollkommen aufzugehen im Haben. So schön es ist, zu genießen, zu besitzen, so sehr sind alle zu bedauern, die daraufhin alles andere wegblenden, die blind werden für die, die draußen stehen und liegen. Ich brauche hier nicht zu erzählen welche „Lazarusse“ es heutzutage gibt: Flüchtlinge vor den Grenzen Europas. Fremde, die Hilfe und Brot brauchen. Wir leben in unserem reichen Land (noch) in Wohlstand, kennen sogar Überfluss. Was macht dieser Wohlstand mit uns? Macht er uns blind für die Armen "vor der Tür"?

Das ist die Mahnung von Jesus Christus. Er will warnen: Das Leben vor dem Tod hat Folgen für das Leben nach dem Tod. Es gibt die Möglichkeit des „Zu spät!“ Wir können unsere Chance hier und jetzt verpassen. Wir haben nur seine Worte, diese Worte der Bibel. Wer nicht auf sie hört, sie nicht ernst nimmt, wird auch nicht durch ein Wunder überzeugt werden, sogar dann nicht, wenn ein Toter wieder lebendig wird. Jesus will uns den Weg zeigen, der ins Leben führt – auch und gerade jenseits der Todesgrenze.

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